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... - Institutionsanalyse

Kategorie: Kontext der Organisationsentwicklung
Die Theorie der „Institutionsanalyse“  nach Max Pagès hat mich immer wieder aufgefordert, meine Beratungstätigkeit als Arbeit am sozialen System zu definieren. Die Analyse von sozialen Systemen beinhaltet:
  • x – die Sachebene,
  • y – die Beziehungsebene,
  • n – die Territorialität (wie mit den Grenzen umgegangen wird),
  • t – die Zeit (welche Rolle sie spielt, welche Bedeutung sie hat),
  • Uₖ – ist der nicht kommunizierte Teil (2/3 bis 90 % von dem theoretisch Kommunizierbaren), ist okkult, wird nicht in offiziellen Gefässen gehandelt.
Die Institutionsanalyse stellt also die Frage, weshalb in einer Organisation ein grosser Teil von dem, was ist, nicht kommuniziert wird? Was ist es, das nicht angesprochen wird? Es ist zu viel Energie im Zurückhalten, im Zudecken. Das ist hauptsächlich im Non-Profit-Bereich so (z. B. in Schulen). Tätigkeiten werden an Systeme delegiert, werden nicht mehr von Beteiligten direkt übernommen. Diese Systeme übernehmen die Aufgabe, mitzuhelfen, dass diese Verantwortungen des Einzelnen vergessen werden können. Wenn nicht vergessen werden kann, ist das System schlecht oder wird als schlecht eingestuft.
  • Was nimmt dieses System dem Gesamtsystem ab? Was hilft es zu vergessen?
  • Verdrängungsprozesse gehen in Mikrosystemen weiter, der okkulte Anteil ist sehr gross.
  • Systeme haben die Aufgabe, die Menschen vor Widersprüchen zu bewahren. Frühe Werte einer Organisation werden verlassen, verändert, verdrängt. Andere Werte (oder gar keine mehr) werden entwickelt (= Widersprüche). Aber:
    dauerndes Wahrnehmen von Widersprüchen macht arbeitsunfähig,
    das  Abspalten von Widersprüchlichem gibt Sicherheit - macht also arbeitsfähig,
    es braucht Energie, die Widersprüche, die kein Thema mehr sein können, im Okkulten zu halten,
    trotzdem bleibt es wirksam, ist da, stört immer wieder.
  • Okkultes ist normal, gehört zu einer Organisation. Gesund ist es, wenn ein Kreislauf zwischen offenem und geschlossenem Bereich besteht.
  • Beratung bringt diesen Kreislauf zwischen Vergessen und Erinnern in Aktion.
Symptome einer Organisation mit starrem, okkultem Bereich:
  • feste, starre Grenzen, kein Austausch mit dem Umfeld;
  • Lernfähigkeit geht weg;
  • Energielöcher: Abteilungen, Gruppen, Räume, welche Energie fressen, müde machen, das heisst: es sind Teile der Organisation mit verstärktem starrem Okkultem;
  • viele Abwesenheiten, hohe Fluktuation.
Institutionsanalyse hilft, wenn Kooperation nicht von Grund auf gegeben ist, wenn ein Teil nicht mitarbeiten will, wenn Kommunikation verweigert wird (was dann auch positiv sein kann, wenn durch Kommunikation Macht transportiert wird).
 
Wirkliche Entwicklung findet immer an Grenzen statt, weil dort ungebundene Energie zu finden ist und weil von Ausgegrenzten, von Minderheiten, von anderen Kulturen, von … gelernt werden kann.
 
Beratung hier kann heissen, folgende Rollen und Aufgaben zu übernehmen:
  • In den Prozess der Organisation intervenieren (sich einmischen). Alltag erschüttern, „geliebter“ Störenfried, der okkulte Sachen benennt. Interventionen sind immer Dissonanz.
  • Energie in den Prozess eingeben, konfrontieren. Verhalten aufzeigen, die in Dissonanz stehen zur Organisation.
  • Sich auf die Analyse beschränken. Was aus der Analyse gemacht wird, ist nicht in der Kompetenz der Beratung.
  • Kriseninterventionsart, die ein Stück Leidens-Bewusstheit benötigt.
Beratung hat die Aufgabe, den okkulten Bereich rasch anzusprechen. Die folgenden Erscheinungen können/sollen nur im Hier und Jetzt angesprochen werden; sie entfalten sich nur in schwach strukturierten Situationen:
Transversalität:
  • Die Kultur einer Organisation hat ihr ganz spezielles Muster.
  • Organisationen transportieren ihr Hauptmuster
    im offenen und im geschlossenen Bereich,
    quer durch die ganze Organisation,
    es gibt keine Nischen,
    jedes Teilsystem wird betroffen durch das Hauptmuster,
    alles, was im Mikrosystem beobachtbar ist, gilt für das Gesamtsystem.
  • Freiräume können nur mir viel Energie und nur für kurze Zeit gehalten werden.
  • Transversalität schützt die Organisation vor der Auflösung.
  • Es wird viel Energie aufgewendet, um zu deklarieren, um zu zeigen, dass eine Gruppe ganz anders ist als die Gesamtorganisation (Verdrängungsenergie, Verleugnungsenergie).
Symbolisierung:
  • Innerhalb einer Organisation drückt sich das Okkulte in Form von Symbolen aus: Handlungen, Gegenstände, Einrichtungen, Sitzordnungen, Kommunikationsmittel, Sprache, Bewegung/Körper, Rituale.
  • Träume der Organisation: Symbole verraten, wovon die Organisation träumt.
Verdichtung:
  • Okkultes, Probleme Generierendes verdichtet sich in einer Gruppe der Gesamtorganisation – in einer Gruppe tritt das Problematische auf – die Schwierige.
  • Häufig wird einer solchen Gruppe Supervision verordnet.
  • Probleme zeigen sich durch: kurz vor Schluss einer Sitzung ist der Teufel los, wird das Spiel verdorben.
  • Die Probleme lassen sich in dieser Gruppe nicht bearbeiten und lösen (als Berater darauf aufmerksam machen, dass sie missbraucht werden für Probleme der Gesamtorganisation.
Verschiebung:
  • Probleme zeigen sich auf der „falschen“ Ebene (nicht dort, wo sie produziert werden).
  • Es ist lokalisierbar, woher es kommt; häufig von oben nach unten: die schwierige Frau, der schwierige Mann.
Wiederholung:
  • … ist ein Grundmerkmal, dass okkulte Themen nicht angegangen werden.
  • … immer wieder … wiederkehrende Phänomene.
  • Als Berater zur Kenntnis nehmen, beim Namen nennen.
Restitution:
Für die Gruppe Okkultes ansprechen (explizit, klar, als Arbeitshypothese benötigt ein Stück Dissonanz und den Mut, okkulte Themen wirklich auszusprechen und damit zu konfrontieren und die Gesamtgruppe auffordern, zu einer klaren Aussage klar Stellung zu beziehen.